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Philosophin des Monats September

Catherine Esther Beecher

Unterwerfung, Selbstverleugnung und Opferbereitschaft, diese Tugenden sah die puritanische Erziehung für Frauen vor. Doch sie sind nicht der Grund für die moralische Überlegenheit, die Beecher der Frauen zuschreibt. Tugendhaftes Verhalten entsteht durch den Geist. Er ist verantwortlich dafür, dass Frau und auch Mann seine eigenen moralische Regeln aufstellen kann.

Und dabei sind die Frauen den Männern voraus. Nicht wegen der puritanischen Erziehung, sondern weil sie sich als Teil eines sozialen Systems verstehen. Frauen sind in Beechers Augen nicht nur tugendhafter, sondern auch gefordert, diese zum Wohle aller einzusetzen.

Wie viele Vertreterinnen der ersten Frauenbewegung trat Beecher für die Rechte von Sklaven und Sklavinnen genauso ein, wie für die der Frauen. Viele Kämpferinnen der Abolitionisten-Bewegung waren Feministinnen. Und diese Verbindung ist nicht zufällig. Sie prangern eine Gesellschaft an, die Frauen genauso versklavt wie Farbige.

Beecher hat ein umfangreiches Werk an Texten hinterlassen, die sich mit der moralischen Entwicklung beschäftigen. Sie zeigen, dass sie eine Vertreterin der Common Sense Philosophie war, die sie mit dem Nützlichkeitsdenken des Utilitarismus kombiniert. Und den meisten Nutzen bringt es, nicht nur zum Wohle der Gemeinschaft, sondern auch zum einen Wohl zu handeln.

Auszug aus: Die andere Philosophiegeschichte

Gegen Sklaverei und für Frauenbildung, das waren die wichtigsten Themen der frühen amerikanischen Frauenbewegung. Aktiv war hier die Philosophin und Frauenrechtlerin Catherine Esther Beecher (*1800, †1878). Sie stammte aus der bekannten »Beecher-Familie«, ihr Vater war der calvinistische Theologe Lyman Beecher, der auch darum bemüht war, seine Kinder nach puritanischen Gesichtspunkten zu erziehen. Dazu gehörte die Beschäftigung mit religiösen Studien, lateinischer und englischer Poesie, amerikanischer Literatur, Mathematik und anderen Wissenschaften, Hausarbeit und Kindererziehung.
Beecher wurde, wie auch ihre Schwester Harriet Beecher Stowe (Autorin von Onkel Toms Hütte) Lehrerin und beide gründeten zuerst eine eigene Schule, später das Quincy College in Illinois sowie das Milwaukee Female Institute in Wisconsin. Außerdem einen Zusammenschluss junger Lehrerinnen und ein Seminar.

Beecher gehört zu den profiliertesten amerikanischen Autorinnen philosophischer und erziehungstheoretischer Texte. In den meisten ihrer Schriften befasst sie sich mit Moral, Religion, sozialer und politischer Philosophie. Ihre philosophischen Arbeiten basieren auf religiösen und speziellen ethischen Theorien. Sie verbindet als erste Einflüsse der schottischen Common Sense Philosophie mit den puritanischen Tugenden Selbstverleugnung und Opferbereitschaft. Ihr Vorbild war Thomas Reid (1710-1796), der Begründer der schottischen Schule der Common-Sense-Philosophie. Diese wandete sich gegen Hume mit der Annahme, dass der Mensch Materie und Geist durch seinen gesunden Menschenverstand, common sense, wahrnehmen könne.

Die puritanischen Tugenden erklärt Beecher für beide Geschlechter zur Zielsetzung, besonders wichtig seien sie für gesellschaftliche Führungspersonen. Beecher übernimmt hier die rationalistische Haltung, die den Geist als Quelle für seine eigenen Gesetze und moralischen Grundlagen sieht und ergänzt sie durch Gedanken der utilitaristischen Perspektive: der Geist, der in einem Mitglied eines sozialen Systems existiert, hängt mit dem Geist der anderen zusammen. Nur indem man die Tugenden in den anderen fördere, könne man die Entwicklung der sozialen Gleichberechtigung beschleunigen. Dabei vertritt Beecher die Auffassung, dass sich die Geschlechter ergänzen sollen.

In An Appeal to the People on Behalf of their Rights as Authorized Interpreters of the Bible verbindet Beecher ihre soziale und politische Philosophie mit ihren moralischen und religiösen Vorstellungen. Darin wird auch ihre calvinistische Sichtweise deutlich, die dazu anleitet, Bedürfnisse zu kontrollieren. Ihre Vorstellung von Nützlichkeit ist es auch, positive Pflichten für das Individuum zu erfüllen und nicht nur die Pflichten der Gemeinschaft und des Staates. Neben Calvinismus und der utilitaristischen Philosophie sollen auch religiöse Grundsätze, wie Gutherzigkeit in das moralische Handeln einfließen. Beecher bezeichnet dieses Prinzip als Redlichkeit. Darunter versteht sie persönliche Opfer für das Wohl der anderen, die verbunden sind mit dem Bestreben, soziale Fehler zu berichtigen und soziale Gerechtigkeit zu leben. Ihr Ansatz ist somit eine Verbindung von utilitaristischer Sozialpraxis mit den Notwendigkeiten von Recht und Gerechtigkeit. Beechers Prinzip der Redlichkeit beinhaltet die Erkenntnis, dass eine Handlung nicht nur positive Konsequenzen haben und selbstaufopfernd sein müsse, sondern auch von dem Bestreben, Gerechtigkeit zu praktizieren, bestimmt werden sollte.

Beecher hält es für eine spezifisch weibliche Pflicht, andere zu erziehen und ein positives moralisches Beispiel hinsichtlich menschlicher Tugenden zu geben. Die weibliche Natur liegt für sie in ihrer Rolle bei der Geburt, der Kindererziehung und bei sozialen Reformen. Beechers Grundhaltung gegenüber den Pflichten der Frau ist bestimmt durch ihr calvinistisches Erbe. Aber sie überschreitet es, indem sie die Frau nicht nur auf ihr Ehefrau- und Mutterdasein reduziert. Ihre Pflichten gehen über ihren privaten Lebensraum hinaus in die sozialen Belange des Staates, welche die Frauen mitbestimmen sollen, um ihren häuslichen Aufgaben gerecht werden zu können. Die Frauen schaffen ein Heim und die Familie ist ein Mikroorganismus im Staat. Darin wird auch Beechers Verknüpfung von Calvinismus und Common Sense Philosophie deutlich. Die Frauen sollen die Welt zu einem tugendhaften Ort machen, an dem sie tugendhafte Kinder erziehen können. Sie sollen andere durch ihr Vorbild, durch Unterricht und durch Beeinflussung zu tugendhaftem Handeln bewegen. Beecher geht davon aus, dass Frauen von Natur aus tugendhafter sind als Männer. Deshalb müssten sie ihre Fähigkeiten auch außerhalb des Hauses einsetzen, um die Sozialpraxis zu reformieren, welche von Männern etabliert wurde und deren Moral und Tugendhaftigkeit unsicher sei. Obwohl Beecher die moralische Überlegenheit der Frauen gegenüber Männern vertrat, war sie der Meinung, dass Männer den Staat regieren sollten; moralisch schwache Männer sollten dabei von Frauen unterstützt werden.

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